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Kreisfreiheit – was man wissen sollte

29. April 2017

Die CSU möchte, dass die Bürgerinnen und Bürger bei diesem Thema mit Hintergrundwissen mitdiskutieren können.

Daher geben wir Ihnen in Abständen Daten und Fakten zur Hand, die so nicht unbedingt bei den Diskutierenden im Fokus stehen, für eine sachliche Debatte aber wichtig sind.

Nachstehend finden Sie Teil sieben unserer Informationsreihe. Alle weiteren finden Sie unter „Aktuelles“ auf unserer Homepage.

„Kreisfreiheit der Stadt Neu-Ulm – was man darüber wissen sollte

Gemeinden, die keinem Landkreis angehören, werden als kreisfreie Städte bezeichnet. Sie erledigen selbst die Aufgaben, die sonst Landkreise für die Gemeinden erfüllen. Artikel 5 der bayerischen Gemeindeordnung „Kreisangehörigkeit und Kreisfreiheit“ gibt Gemeinden bei einer Einwohnerzahl von über 50.000 Einwohnern die Möglichkeit, die „Kreisfreiheit“ zu beantragen.

Mit Zustimmung des Landtags können Gemeinden mit mehr als 50 000 Einwohnern bei entsprechender Bedeutung nach Anhörung des Kreistags durch Rechtsverordnung der Staatsregierung für kreisfrei erklärt werden. Hierbei ist auf die Leistungsfähigkeit des Landkreises Rücksicht zu nehmen. Die Rechtsverordnung kann finanzielle Verpflichtungen der ausscheidenden Gemeinde gegenüber dem Landkreis festlegen. Im übrigen werden die vermögensrechtlichen Verhältnisse durch Übereinkunft zwischen dem Landkreis und der ausscheidenden Gemeinde geregelt. Der Übereinkunft kommt mit dem in ihr bestimmten Zeitpunkt, frühestens jedoch mit Inkrafttreten der Rechtsverordnung, unmittelbar rechtsbegründende Wirkung zu. Kommt eine Übereinkunft nicht zustande, so entscheiden das Verwaltungsgericht und in der Berufungsinstanz der Verwaltungsgerichtshof als Schiedsgerichte.

Die aktuelle Bevölkerungsprognose für die Stadt Neu-Ulm bis 2036 ergibt, dass die Gesamtbevölkerung von derzeit etwa 57.000 Einwohnern auf voraussichtlich 67.000 Einwohner ansteigen wird. Von den 25 kreisfreien Städten haben 11 Städte eine zum Teil deutlich niedrigere Einwohnerzahl als die Stadt Neu-Ulm mit ihren gegenwärtig rund 57.000 Einwohnern. Die Stadt Neu-Ulm würde sich damit schon hinsichtlich der Einwohnerzahl gut in die Reihe der kreisfreien Städte einfügen, zumal nach der neuen Bevölkerungsprognose für Neu-Ulm die Stadt Rosenheim mit knapp 62.000 Einwohnern und auch die Stadt Kempten mit knapp 67.000 Einwohnern nicht „außer Reichweite“ liegen.

Die Vorteile, die die Stadt Neu-Ulm für ihre Einwohner und Einwohnerinnen als kreisfreie Stadt erhalten könnte, sind für die CSU-Stadtratsfraktion Motivation, sich mit diesem wichtigen Thema und seinen möglichen Konsequenzen intensiv auseinander zu setzen.

Als kreisfreie Stadt kann die Stadt Neu-Ulm alle kommunalen Dienstleistungen und Verwaltungsleistungen für ihre Einwohnerschaft und die örtliche Wirtschaft aus einer Hand in eigener Zuständigkeit anbieten und erledigen. Dieses Aufgabenspektrum geht vom Öffentlichen Personennahverkehr (Bemerkung: der ÖPNV in einer Stadt hat andere Anforderungen wie in einem Flächenkreis) über die Gymnasien und Realschulen (Bemerkung: die Schulträgerschaft hängt ganz eng mit der Gestaltung der örtlichen Bildungslandschaft zusammen), Jugend- und Sozialhilfe (Bemerkung: die gesamte sozialräumliche Planung und der Vollzug können stadtspezifisch ausgerichtet werden) bis hin zu Genehmigungszuständigkeiten, die eng mit der Baurechtsbehörde der Stadt Neu-Ulm zu tun haben wie Wasserrecht, Naturschutz und Immissionsschutz. Dies sind momentan alles Aufgaben, die der Landkreis bzw. das Landratsamt Neu-Ulm für die Stadt entscheiden. Im Falle der Kreisfreiheit für Neu-Ulm könnten die bisher vom Landratsamt wahrgenommenen Aufgaben besser bei der Stadt gebündelt, und stärker an den Bedürfnissen der Neu-Ulmer Bürger/innen und Gewerbetreibenden orientiert werden. Es bietet sich auch die gute Chance, Verwaltungsstrukturen schlanker, effizienter, effektiver und insgesamt bürgernäher zu organisieren. Die Stadt Neu-Ulm erhält damit die Möglichkeit „aus einem Guss“ zu entscheiden und könnte damit alle für die Stadt wichtigen Aufgaben entlang der Interessen ihrer Bürgerschaft und ihrer Wirtschaft nicht nur beeinflussen, sondern in eigener Verantwortung entscheiden. Dies ist einer kreisangehörigen Stadt Neu-Ulm momentan nur bedingt möglich.

Erfreulich ist, dass die positive Gesamtentwicklung, die wachsende Bedeutung unserer Stadt in der Region, die Rolle der Stadt Neu-Ulm im Oberzentrum Neu-Ulm/Ulm und im Kreis Neu-Ulm, mittlerweile verschiedene strategische Überlegungen zu lässt, die wir mit einem vernünftigen Maß an Visionen für die Zukunft Neu-Ulms auch sorgfältig erwägen wollen. Dies ist aus unserer Sicht auch Aufgabe der Stadtpolitik.

Die Stadtverwaltung erarbeitet gerade ein Papier, in dem die unterschiedlichen Gesichtspunkte der Kreisfreiheit zur Vorbereitung der weiteren Überlegungen untersucht werden. Das müssen wir zunächst mal abwarten. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse.

Johannes Stingl“