Zurück

Kreisumlage darf kein Selbstbedienungsladen für den Landkreis sein

1. Dezember 2016

Ein Drittel aus dem Defizit der Krankenhäuser könnten ca. 4 Mio. € mehr Kreisumlage für die Stadt Neu-Ulm bedeuten, ohne dass ein „Ende der Fahnenstange“ absehbar ist.

Sitzung des Ausschusses für Finanzen, Inneres und Bürgerdienste am 29.11.2016 – Tagesordnungspunkt: Haushalt 2017 u.a. Kreisumlage.
Stellungnahme des Fraktionsvorsitzenden Johannes Stingl:

„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrter Herr Stier,

die beiden Presseberichte in der Neu-Ulmer Zeitung und in der Südwest-Presse vom vergangenen Samstag unter den Überschriften „ Kliniken stürzen in tiefes Finanzloch“ bzw. „Kreisklinikum Neu-Ulm, über Nacht ein Sanierungsfall“ veranlassen die CSU-Fraktion einen kritischen Blick auf die unter Haushaltsstelle 01. 9020.8320 für 2017 eingeplante Kreisumlage von knapp 35 Mio. € zu werfen. Im Vergleich zum Vorjahrsansatz von 27,7 Mio. €, der aus Gründen der erhöhten Steuerkraft, aber auch aus Gründen der Vorsicht mit bereits um 2 Punkte erhöhten Umlagesatz, ergeben sich 7 Mio. Mehrausgaben in der Planung zum Haushalt 2017.

Der Kreis hat mit Hilfe externer Experten nun ermittelt, dass das Defizit der Kreiskrankenhäuser 2015 und 2016 ca. 13 Mio. € betragen wird. Bisher war man von 3,8 Mio. € ausgegangen, während des Bürgerentscheids war mal von einem Defizit zwischen 6 und 7 Mio. € die Rede gewesen, nun sind es erschreckende 13 Mio. €.

Für die Stadt Neu-Ulm ergibt sich als Zahler von Kreisumlage daraus eine sehr unerquickliche aber auch bedrohliche Situation. Und zwar aus folgenden Gründen:

Elf Monate nach dem Ende des Geschäftsjahrs 2015 werden jetzt erste belastbare Zahlen geliefert. In einer Phase, in der zeitnahes Beobachten und ggf. Gegensteuern die wichtigste Pflicht der Verantwortlichen gewesen wäre.

Mit angenommenen, wirtschaftlich günstigeren Ergebnissen der Kliniken war man im Bürgerentscheid unterwegs, die Befürworter der Geburtenstation Illertissen haben sich auch auf diese Zahlen gestützt.

Unmittelbar nach dem Bürgerentscheid werden, ohne genau zu wissen, wie es wirtschaftlich bei den Kliniken steht, kreisweite Bürgerbeteiligungsprozesse zur Klinikreform organisiert.

Insgesamt hat der Kreis sich in eine völlig verfahrene Situation hinein manövriert, in der es wie im Vorfeld des Bürgerentscheids schon befürchtet, nun um das wirtschaftliche Überleben aller drei Kreiskliniken geht.

Der Kreis verantwortet in erheblichem Umfang Risiken für den städtischen Haushalt im Wege der Kreisumlage, die kaum noch kalkulierbar sind. Ein Drittel aus dem Defizit der Krankenhäuser könnten ca. 4 Mio. € mehr Kreisumlage für die Stadt Neu-Ulm bedeuten, ohne dass ein „Ende der Fahnenstange“ absehbar ist.

Die geplante Zuführungsrate vom Verwaltungshaushaushalt liegt 2017 trotz erheblicher Steuermehreinnahmen nur bei 7,4 Mio. €, abzüglich der Schuldentilgung von 1,5 Mio. € ergibt sich eine insgesamt noch befriedigende Nettoinvestitionsrate von 5,9 Mio. €. Eine Schmälerung dieses Ansatzes durch eine weiter erhöhte Kreisumlage z.B. um 2 Mio. € wäre aus unserer Sicht kaum zu verkraften.

Der Landkreis bleibt gefordert, für wirtschaftlich geordnete Verhältnisse und zukunftsfähige Strukturen bei den Kliniken zu sorgen, er muss sich primär um in der gegenwärtigen Situation eigentlich naheliegende Aufgaben kümmern.

Die Kreisumlage darf nicht zum Selbstbedienungsladen für die Krankenhauspolitik des Kreises werden.

Obwohl in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen beim Landkreis bzw. den Kreiskliniken sich möglicherweise die Frage stellt, ob der Ansatz von 35 Mio. € für die Kreisumlage noch den finanziellen Forderungen des Kreises an die Kreisumlage entspricht, sprechen wir uns gegen eine Erhöhung des Planansatzes für die Kreisumlage aus.

Die Kreisumlage ist kein Selbstbedienungsladen des Landkreises, er muss auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit seiner Städte und Gemeinden Rücksicht nehmen.

Johannes Stingl“

Dazu auch Artikel der Neu-Ulmer Zeitung und der Südwest Presse vom  01.12.2016