Volkstrauertag
18. November 2018Volkstrauertag in Steinheim 2018. Der Volkstrauertag ist ein Tag des Gedenkens an die Kriegstoten und die Opfer von Gewaltherrschaft und Terror. Der Volkstrauertag lenkt unseren Blick auch auf das individuelle Leid der Angehörigen, die den Tod eines ihnen nahestehenden Menschen zu beklagen haben.
Ansprache des Vorsitzenden der CSU-Stadtratsfraktion Johannes Stingl am Sonntag, 18. November 2018.
„Herr Pfarrer Praetorius, Herr Peter (1. Vorstand Soldatenverein), meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger
Herzlichen Dank für die Organisation dieser Gedenkveranstaltung und den würdigen Rahmen, den Sie hierfür geschaffen haben.
Der Volkstrauertag ist ein Tag des Gedenkens an die Kriegstoten und die Opfer von Gewaltherrschaft und Terror. Der Volkstrauertag lenkt unseren Blick auch auf das individuelle Leid der Angehörigen, die den Tod eines ihnen nahestehenden Menschen zu beklagen haben.
Vor 100 Jahren, am 11. November 1918, um 11 Uhr, schwiegen an der Westfront die Waffen. Über die von Granattrichtern übersäten Schlachtfelder senkte sich eine unheimliche Ruhe.
„Als das Feuer eingestellt wurde, war es so leise, dass ich glaubte, ich hätte plötzlich meine Fähigkeit zu hören verloren“, schrieb Hauptmann Harry S. Truman, der spätere US-Präsident, in einem Brief an seine Frau. Am 25. Juli 1943 schreibt eine Frau in einem Feldpostbrief
an ihren Mann an der Ostfront nach einem Luftangriff auf Hamburg:
„Heute, der Sonntag, ist ein schwarzer Tag! In der Nacht hatten wir einen stundenlangen bösen Angriff. Hamburg hat es hart getroffen. Man sah das Feuer förmlich lodern. Die ganze Reeperbahn, der Hafen, Wandsbek, das Berliner Tor, das Reichshof Hotel, die große Feuerwache Berliner Tor, alles dahin! …
Auch der Hauptbahnhof ist getroffen. Sehr viele Tote! Furchtbar, furchtbar! Es hat so gebrannt, dass heute Morgen alles mit Asche übersät war. Und den ganzen Tag hat es noch geflockt. … Das Leben ist nicht mehr schön. Wer weiß, wie lange man noch lebt! …“
Ich freue mich, dass wir den Volkstrauertag in Steinheim vor dem Kriegerdenkmal begehen können. An Kriegerdenkmalen können nachwachsende Generationen, Jugendliche und Erwachsene, direkt vor Ort Geschichte erfahren. Bei den Opfern von Krieg und Gewalt begreifen junge Menschen, wie wertvoll Frieden und Menschenrechte sind, und werden motiviert, Verantwortung für eine friedliche Zukunft zu übernehmen.
Die Toten auf den Totentafeln in unserer eigenen Gemeinde, im Stadtteil Steinheim, in der Stadt Neu-Ulm erinnern an die Geschichte von Krieg, Vertreibung und Tod.
Das Gedenken der Toten ist für uns Mahnung, aus der Vergangenheit Schlüsse für die Gegenwart zu ziehen und danach zu handeln. Wann immer und wo immer wir heute helfen können, wenn wir einen Beitrag leisten können, Versöhnung zu schaffen, dann müssen wir es tun.
Darum lassen Sie uns diesen Volkstrauertag auch dazu nutzen, ein Zeichen zu setzen. Ein Zeichen der Hoffnung und des gemeinsamen Handelns. Lassen Sie uns aus der Vergangenheit lernen und durch gemeinsames Handeln eine Zukunft schaffen. Eine glückliche, friedliche Zukunft für alle Menschen. Eine friedliche Zukunft für die Welt, die nicht selbstverständlich ist, weshalb ihre Bedeutung umso größer sein wird und eine Zukunft, die in Anbetracht der Vergangenheit auch nie selbstverständlich erscheinen wird. Darum ist es wichtig, dass wir uns an Tagen wie heute mit der Vergangenheit beschäftigen und uns erinnern, um zu verstehen, damit wir Schlüsse für unsere gemeinsame Zukunft ziehen und verantwortungsvoll mit dem Frieden umgehen, unter dem meine Generation aufwachsen durfte. In der Hoffnung, vielen weiteren Generationen die Chance auf ein Leben in Frieden zu geben.
Wir brauchen diese Momente des Innehaltens und der Trauer, um die Erinnerung an Leid und Tod, die mit Krieg und Gewaltherrschaft über die Menschen gebracht wurden, wachzuhalten.
Das Gedenken an die Toten wird so für uns immer wieder zur Mahnung, aus der Vergangenheit Schlüsse für die Gegenwart zu ziehen und danach zu handeln. So wird der Volkstrauertag immer mehr auch als gemeinsamer Trauer-, Gedenk-, und Versöhnungstag der ehemals verfeindeten Staaten wahrgenommen. So wird aus der Stunde des Totengedenkens zugleich auch eine Stunde der Völkergemeinschaft, die im Leid, aber auch in der Suche nach Frieden vereint ist. Die Toten, derer man gedenkt, und die von Müttern und Vätern, von Brüdern und Schwestern beweint wurden, sind Verpflichtung und Sendung zum Frieden. Wir brauchen diese Mahnung, nachzudenken und immer wieder neu zu suchen, was wir heute für Frieden, Freiheit und Menschlichkeit aktiv tun können. Eine wahrlich große Aufgabe in einer Gesellschaft, die den Krieg mehrheitlich nicht mehr als eigene Erfahrung einbringen kann.
Frieden ist ein Schatz, den es zu pflegen und zu bewahren gilt. Es ist wohl das beste Erbe, das wir künftigen Generationen mit auf den Weg geben können.
Wir gedenken heute der Toten und sind uns des Erbes bewusst.“
Johannes Stingl