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Die Zukunft des Mittelstandes

15. Januar 2025

Wo liegen die derzeitigen Probleme und deren Lösungen bei den mittelständischen Unternehmen in der Region und darüber hinaus, wie sieht die nähere und weitere Zukunft aus?

Zusammenfassung „Die Zukunft des Mittelstandes“

Ein persönliches Meinungsbild des Unternehmers Gerd Stiefel, GF der Stiefel GmbH, beim Neujahrsempfang 2025 der CSU-Stadtratsfraktion Neu-Ulm – Ein Kerngedanke: Die IHK hat im Jahr 2024 mit der 27% Kampagne geworben. D. h. 27% aller AN hat einen Migrationshintergrund und arbeitet in unserem Land täglich hart. Wir könnten dieses Potential durch die AfD verlieren. Dies hätte fatale Folgen für die Wirtschaft.

„Die Zukunft des Mittelstandes wird sehr anstrengend werden. Wobei zwischen den KMU (bis 249 MA) und dem eigentlichen Mittelstand von 250 bis ca. 5T MA unterschieden werden muss.

Hauptsächlich gefährdet sind die vielen kleinen KMU. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer in diesem Segment, welche über 60 Jahre alt sind, überlegen das Unternehmen zu verkaufen oder zu schließen. Oft in der 2. oder 3. Generation im Familienbesitz.

Drei Faktoren sind für die derzeitigen Probleme und deren Lösungen verantwortlich

Die Arbeitgeberschaft selbst, die Arbeitnehmerschaft und die Politik. Fingerzeigen bringt nichts.

Nachfolger aus der eigenen Familie oder durch einen FremdGF sind schwer zu finden. Dies liegt oft auch an den veralteten Rahmenbedingungen innerhalb des Unternehmens, welches junge MA nicht anzieht dort eine Beschäftigung oder Ausbildung anzunehmen.

Ein fehlender, moderner Führungsstil in den Unternehmen ist oftmals der Grund für Fachkräftemangel. Während in den Jahrzehnten nach 1945 oftmals ein „Gutsherrenstil“ gepflegt wurde, welcher auch weitgehend akzeptiert war, wurde bis vor wenigen Jahren der „Management by Konsens“ Stil gepflegt. Dieser hat viele Entscheidungen verlangsamt und zerredet.

Seit kurzem, vor allem durch das Eintreten der Generationen Y und Z, bemerken wir den Wunsch nach einer demokratischen Meinungsfindung, danach jedoch eine autoritäre bzw. konsequente Entscheidungsfindung und Umsetzung. Es wird Klarheit und Einfachheit gefordert.

Gerechtigkeit wird bei den neuen Generationen nicht als Wert wahrgenommen. Eher der Wunsch nach Fairness. Anstelle von Loyalität zu einem Unternehmen tritt Identifikation.

Der Jugendforscher Simon Schnetzer hat dies ausführlich dokumentiert. Der Shift zu einer einfacheren und klaren Gangart zeigt sich im Wahlverhalten der Erstwähler. Bei der vergangenen Bundestagswahl noch FDP und Grüne auf Platz 1 und 2 der Erstwähler waren es bei der Europawahl für die Union und die AfD jeweils 17% der Stimmen der Erstwähler. Dies ist ein bedeutender Wandel.

Was grundsätzlich bedeutet, dass nicht nur die Politik für viele Geschäftsaufgaben verantwortlich ist. Diese trägt natürlich durch die komplexer gewordenen Rahmenbedingungen dazu bei.

Energiepreise etc. sind wichtige Faktoren für energieintensive Unternehmen. Hohe Lohnforderungen, vor allem aus der neu in den Arbeitsmarkt eintretenden AN, überfordert die Wirtschaftlichkeit vieler kleiner und mittlerer Unternehmen. Deutschland war schon immer ein Hochlohnland, in den vergangenen Jahrzehnten jedoch gepaart mit einer hohen Produktivität der AN. Oftmals lag der Lohn unter der Produktivität der MA.

Derzeit wichtigster Faktor für die Aufgabe vieler Unternehmen ist die überbordende Nachweispflicht. Das Lieferkettengesetz ist das prominenteste Beispiel wie eine gute Idee in ein Bürokratiemonster verwandelt wird. Nahezu alle Unternehmen, nicht nur die Großunternehmen, sind gesetzlich zum Aufbau von Personal und Abteilungen gezwungen, welche sehr viel Geld kosten (da hohe Gehälter für Fachkräfte) und de Fakto keine operative Produktivität erzeugen.

Diese vielen Vorgaben der Nachweispflicht müssen dringend verschlankt und reduziert werden. Durch das „Goldplating“ in Deutschland, mit welchem EU-Gesetze stets nochmals verschärft werden, oder der von der EU eingeräumte Spielraum der möglichen nationalen Abmilderungen schlichtweg nicht genutzt wird, verschärft die Lage nochmals. Die vielen Nachweispflichten können nur als Misstrauen des Staates gegenüber der Wirtschaft begriffen werden.

Die deutsche Wirtschaft hat somit vor allem ein Problem bei der Produktivität und der Tatsache, dass wertvolle Ressourcen an Arbeitszeit und Finanzen unnötig gebunden werden.

Die Welt wird derzeit geopolitisch, wie auch als globaler Beschaffungsmarkt und Absatzmarkt neu verhandelt und verteilt, ohne dass die BRD oder die EU nennenswert präsent sind. Das Lieferkettengesetz wird viele Erzeugerländer dazu bringen, ihre Produkte lieber in andere Wirtschaftsräume zu verkaufen. Beispiel – Kaffeebohnen.

Die Forderung lautet somit, die Rahmenbedingungen wieder zu verbessern. Das in der Union stets vorhandene Vertrauen in die Wirtschaft wieder aktiv zu leben und auf eine Besetzung mit kompetenten Ansprechpartnern in den Ministerien zu achten. In Bayern ist dies oftmals der Fall.

Investitionsanreize für Modernisierung, vor allem der bestehenden Gebäude und Anlagen, zu schaffen. Die aktuelle Rentenregelung ist ausreichend. Viele Baby Boomer wollen nicht über diese Zeit hinaus arbeiten. Dies sollte ausschließlich zwischen AG und AN individuell verhandelt werden, bei steuerlich attraktiven Rahmenbedingungen durch den Staat.

Steuerfreie Überstunden führen, nach meiner Erfahrung, zu keiner Verbesserung der Situation. Der Trend geht sogar eher zu Teilzeitbeschäftigung, oftmals von AN welche derzeit in Vollzeit arbeiten und weiterhin arbeiten könnten. Die Zulagenpolitik für Teilzeit sollte auf tatsächlich Bedürftige wie Alleinerziehende oder Eltern mit Kindern angewandt werden oder pflegebedürftige Personen im Haushalt.

Homeoffice hat viele positive Aspekte, jedoch auch die Produktivität weiter sinken lassen. Die Produktivität am Küchentisch kann mit der Produktivität im Büro nicht mithalten. Auch hier sollte es bevorzugt ein Recht auf Homeoffice für den Personenkreis der Teilzeitregelungen geben.

Die Diskussion um die Karenztage ist unglücklich und überflüssig. Für eine Minderheit, welche die Regeln ausnutzt, werden viele andere MA ebenfalls bestraft. Die Lösung hier wäre eine Neuordnung des Arbeitsrechts, welche AG und AN gleichstellt und keine Seite übervorteilt. Somit könnten die leistungsorientierten MA vor den auffälligen MA leichter geschützt werden.

Die Unternehmen sind ein Spiegelbild der Gesellschaft. Bis Anfang der 2000er empfand ich die Gesellschaft als eine Mischung aus gelebten Werten und Regeln. In den vergangenen Jahren haben wir uns immer mehr zu einer regelbasierten Gesellschaft hin entwickelt. Auch in den Unternehmen. Wertebasierte Strukturen bedürfen Menschen mit Vorbildfunktion, welche die Werte auch vorleben. Dies ist anstrengend und daher zunehmend selten, jedoch von immenser Bedeutung.

Die Union war vom Beginn unserer damals jungen Demokratie der maßgebliche Faktor und Vorreiter für die Wertestiftung unserer Gesellschaft. Die Einführung der sozialen Marktwirtschaft durch die Union das beste Beispiel.

Zu den Ausführungen unseres MdB Alexander Engelhard möchte ich noch folgendes anmerken. Ich stimme voll und ganz zu, dass die 4 wesentlichen Säulen der AfD es verbieten, eine Koalition einzugehen. Wählbar für viele ehemalige Stammwähler der Union wurde die AfD, weil diese wesentlichen Bereiche der Kernmarke der Union, Innere und äußere Sicherheit etc. übernommen haben, während sich die Union auf andere Themen konzentriert hat (gefühlt).

Ich halte den Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Benennung von Parteien für einen Irrtum. Vielmehr sollte es einen Unvereinbarkeitsbeschluss zu gewissen Positionen geben. Egal wie die Partei heißt. Gegen NATO, EU oder andere wichtige Grundlagen sind diese Positionen ein klarer Grund eine Koalition ausschließen. Hier muss die Union ihre Kernmarken wieder deutlich sichtbarer und spürbarer machen. Der Weg geht derzeit absolut in die richtige Richtung. So wird die AfD wieder auf Normalmaß geschrumpft. Was von der AfD übrig bleibt, wenn die konservativen Kernpunkte wieder aktiv von der Union besetzt werden, ist inakzeptables nationalvölkisches Gedankengut, welches keine große Zustimmung finden würde.

Um die großen strukturellen Themen zu lösen wäre (in Anlehnung an die Technokraten-Regierung von M. Draghi in Italien) eine sachbezogene Zusammenarbeit mit allen wesentlichen Parteien in den Parlamenten notwendig. Auch über die Parteien der Regierung hinaus.

Ich bin noch immer sehr positiv bezüglich unserer Gesellschaft und Wirtschaft eingestellt, wenngleich diese auch weiter massiv schrumpfen wird.

Gründe:

  • Die aktuelle Krise und die Vorgänge in den USA zwingen die BRD und Europa zu Veränderungen, welche wir vielleicht ohne diesen Zwang nicht angegangen wären. Nach dem Zitat von CHURCHILL: „Never let a good crisis go to waste
  • Wenn Deutschland wollte, hat es immer gekonnt. Wenn es musste, gleich zweimal
  • Jesaia 55.8: Denn meine Gedanken sind nicht Eure Gedanken, und Eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr. Bedeutet für mich. Ihr habt die Krisen selbst verursacht, löst sie also auch selbst.

Buchempfehlung: David Goodheart Somewhere – Wie wir Arbeit, Familie und Gesellschaft neu denken müssen. Die populistische Revolte und die Zukunft der Gesellschaft.

Deutschland braucht eine starke Union und kann mit einer modernisierten Variante der traditionellen Kernmarke wieder in Richtung 40% der Wählerstimmen gelangen, was für die Wirtschaft von großer Bedeutung wäre. Die IHK hat in 2024 mit der 27% Kampagne geworben. D. h. 27% aller AN hat einen Migrationshintergrund und arbeitet in unserem Land täglich hart. Wir könnten dieses Potential durch die AfD verlieren. Dies hätte fatale Folgen für die Wirtschaft.

Gerd Stiefel

(Fotos: T. Kießling, M. Salzmann)