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Eine schwierige Abwägung zwischen einem Für und Wider

24. Juli 2024

Die geplante Änderung des FNP mit der Verlegung der Freihaltetrasse in Schwaighofen-Süd hat Positives und Negatives aufgezeigt. Die Abwägung und Abstimmung ist daher auch in unserer Fraktion nicht einheitlich ausgefallen.

Stadtratssitzung am 23.07.2024, Tagesordnungspunkt 3, 11. Flächennutzungsplanänderung „Gewerbliche Baufläche Schwaighofen Süd“. Behandlung der Stellungnahmen aus der frühzeitigen Bürgerbeteiligung, Auslegungsbeschluss

Stellungnahme der CSU-Stadtratsfraktion Neu-Ulm

„Besten Dank an die Verwaltung für die umfangreiche Sitzungsvorlage, in der die Ergebnisse der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung und die Beteiligungsergebnisse der Träger öffentlicher Belange gewürdigt wurden.

Wir sind ja schon länger mit dem Thema unterwegs. Im Vergleich zu den Planunterlagen zur Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses (PUA) vom 24.10.2023 wurde einiges überarbeitet. Verschiedene Kritikpunkte aus dieser PUA-Sitzung wurden in der Sitzung des Stadtrats am 21.02.2024 aufgegriffen, was natürlich auch auf das Engagement der Bürgerschaft zurückzuführen war.

In beiden Sitzungen war es ein schwieriger Abwägungsprozess und ist heute immer noch eine eingehende Überlegung wert, die „richtige Variante“ auszuwählen.  Die Variante 3 (V 3), also der damalige Verwaltungsvorschlag, ist auch der Vorschlag zur heutigen Stadtrats-Sitzung.

Im Vergleich zur PUA–Sitzung am 24.10.2023 hat sich in der Konzeption zu V 3 mit nochmaliger Abstimmung mit der Straßenbauverwaltung einiges geändert:

  1. Neutrassierung der Querspange im Bereich Ludwigsfeld / Wiley-Süd, „Verschwenkung“ weg von der Wohnbebauung. Dadurch wird der Abstand der Vorbehaltsfläche zum Ludwigsfelder Ortsrand um 200 m auf 670 m erhöht.
  2. Veränderung des Kleeblatts auf halbes Kleeblatt im Bereich Anschluss derzeitige B10 und dann neue B10 (Verzicht auf volles Kleeblatt), somit geringere Notwendigkeit zur Flächenreservierung. Unter dem Strich erhält die Stadt dadurch 2 ha gewerbliche Baufläche mehr.
  3. Es gibt Klarstellungen zu „interpretierbaren „Aussagen im Bundesverkehrswegeplan 2030“ wie z.B. Einstufung der Trasse in den „weiteren Bedarf“, Führung der Trasse im Tunnel vom Verkehrsübungsplatz bis zum Illerkanal, Untertunnelung der Bahnlinie, notwendiger Lärmschutz für das künftige Baugebiet Ulmer Hofgut II. Klar ist auch, dass sich im jetzigen Stadium des Verfahrens aus dem Bundesverkehrswegeplan und aus dem Flächennutzungsplan keine absoluten Sicherheiten ableiten lassen. Aber immerhin gibt es verwertbare Aussagen.

Wie wir gerade eben von der Straßenbauverwaltung gehört haben, gibt es weiteren Klärungsbedarf, wenn es um die konkreten Eckpunkte der Querspange geht.

  1. Ermittlung der Kostenvorteile der Variante V 3
    • Zusätzliche Einnahmen durch Verwertung nicht mehr benötigter Trassenflächen: 240.000 Euro
    • Zusätzliche Einnahmen durch mehr Nettobaufläche 1.100.000 Euro
    • Vermeidung von Infrastrukturkosten für Brücken in Höhe von ca. 3 bis 8 Mio. Euro
    • Bei der Umsetzung der V1 würden zusätzliche Grundstückskostenverluste für wegfallendes Bauland (Bereitstellung Querspange) in Höhe von ca. 1,1 Mio. Euro anfallen.

Die gemeindliche planerische Willensbildung in der Weise zu vollziehen, dass die Gemeinde nach Ermittlung und Bewertung/Gewichtung der für das Plangebiet erheblichen öffentlichen und privaten Belange (formelle Anforderung an das Verfahren nach § 2 Abs. 3 BauGB) diese Belange bei der Aufstellung der Bauleitpläne gemäß § 1 Abs. 7 BauGB gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen hat.

Das Bundesverwaltungsgericht verlangt für eine Beachtung des Gebots gerechter Abwägung,

dass überhaupt eine Abwägung stattfindet, dass im Rahmen dieser Abwägung diejenigen Belange berücksichtigt werden, die von der Planung berührt sein können, dass die Bedeutung der betroffenen Belange nicht verkannt wird und dass der Ausgleich zwischen den betroffenen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die nicht außer Verhältnis zur objektiven Bedeutung der betroffenen Belange steht. Ein erfolgreicher Abwägungsvorgang setzt eine gewisse Kompromissfähigkeit bei allen Beteiligten voraus.

Insgesamt verbessern diese planerischen Änderungen und die ergänzenden Aussagen zur Planung die Variante V 3 zu einem achtbaren Ergebnis. V 3 wäre ein gutes „Kompromissangebot“ und böte auch eine tragfähige Lösung für die Zukunft.

Einige bemerkenswert klarstellende Ansagen des Staatlichen Bauamts gab es auch der Südwest-Presse vom 01.03.2024 zu lesen.

Der Stadtrat hat am 21.02.2024 die 11. Änderung des FNP behandelt und die Einleitung des Änderungsverfahrens beschlossen, um die frühzeitige Öffentlichkeits- und Bürgerbeteiligung durchzuführen. Die Unterlagen wurden im Internet veröffentlicht bzw. im Rathaus ausgelegt, die Träger öffentlicher Belange wurden informiert.

Neben der Entwicklung des Gewerbegebiets G 3 Schwaighofen-Süd wird auch eine Wohnbaufläche Hofgut II mit 3,8 ha am Ostrand von Ludwigsfeld ausgewiesen. In der Sitzungsvorlage wurden die eingegangenen Hinweise und Anregungen dargestellt und jeweils ein Vorschlag für die Abwägung unterbreitet. Gesamt sind 22 Stellungnahmen eingegangen u.a. zur Entwicklung des Gewerbegebiets – zu Lasten der Wohnbebauung? Lärmwerte? Landwirtschaft? Als Träger der Planungshoheit hat die Stadt den vorgetragenen Sorgen und Bedenken so weit als möglich auch Rechnung getragen.

Selbstverständlich sind alle Einschätzungen zu den Varianten mit einem guten Anteil „Hellseherei“ und „Kaffeesatzleserei“ in die Zukunft verbunden. Ich habe daher auch Verständnis für diejenigen, die u.U. die Variante V 1 (den bisherigen Stand belassen) bevorzugen.

Allerdings sollten wir als Stadt den Bedürfnissen der Gewerbebetriebe in der derzeitigen Wirtschaftslage mit guten und zügig zu realisierenden Ansiedlungsmöglichkeiten Rechnung tragen. Eine Insellösung, provisorische Erschließungen, ggf. notwendige Nachbesserungen mit Brücken sind nicht das, auf was sich unsere Wirtschaft derzeit einlassen kann. Unser städtischer Haushalt lässt es nicht zu, dass wir auf die erkennbaren Kostenvorteile aus V 3 verzichten könnten.

Es gibt trotz allem unterschiedliche Sichtweisen in unserer Fraktion – ein Für und Wider für V 1 und V 3. Daher wird unsere Fraktion zu den einzelnen Varianten uneinheitlich abstimmen.“

Johannes Stingl