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Im Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt

16. November 2022

Volkstrauertag 2022 – Steinheim. Das Gedenken ist keine erstarrte Tradition, sondern eine stets neu zu belebende Erinnerung,
denn Frieden ist keine Selbstverständlichkeit – so wie wir es derzeit erleben.

„Das Gedenken der Opfer von Krieg und Gewalt sowie der aktuellen Situation in der Ukraine steht im Mittelpunkt des Volkstrauertages.
Das Gedenken ist aber keine erstarrte Tradition, sondern eine stets neu zu belebende Erinnerung,
denn Frieden ist keine Selbstverständlichkeit – so wie wir es derzeit erleben.
Neben dem Gedenken an die Opfer ist es die Trauer, die uns an diesem Tag bewegt.
Trauer über die Opfer zweier Weltkriege, aber auch Trauer über die Opfer von Kriegen heutiger Zeit.
Zeitgleich macht es uns traurig, die aktuelle Situation der Familien in der Ukraine mitzuerleben.
Wir sehen die Trennung von Männern und ihren Familien, der zerstörten Häuser, kein Strom, keine Heizung und kein Wasser – und das in der heutigen Zeit.

Wir fordern Putin zum Rückzug auf.
Wir erwarten von Putin, die Kampfhandlungen unverzüglich zu beenden, die Waffen schweigen zu lassen und seine Truppen aus der Ukraine zurückzuziehen. Wir wollen Frieden auf dem europäischen Kontinent. Wir stehen an der Seite der Ukraine. Unsere Solidarität gilt den Menschen in der Ukraine, die unverschuldet in Not und Angst geraten sind. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen der Toten und Verletzten dieser sinnlosen Kriegshandlungen.

Die erste große Katastrophenerfahrung des 20. Jahrhunderts war der Erste Weltkrieg, der vor 100 Jahren im Herbst 1918 endete. An seinem Ende hatte der Krieg, der als europäischer begann und in den auch die USA eingetreten war, etwa 8,5 Millionen Tote gefordert.

77 Jahre ist es jetzt her, seit der Zweite Weltkrieg sein Ende fand. Zur Würdigung des 8. Mai 1945 gehört das Gedenken an die 55 Millionen Menschen, die Opfer des Zweiten Weltkriegs wurden.
Der Rückblick umfasst aber auch die Erinnerung an jene, für die damals der Leidensweg noch lange nicht beendet war. Dazu zählen die 14 Millionen Deutschen, die in den letzten Monaten des Krieges und danach ihre Heimat verloren. Sie zogen von Ort zu Ort, suchten ihre Angehörigen und eine neue Bleibe.
Dazu gehören auch die 500.000 Kinder, die durch den Krieg oder auf der Flucht von ihren Familien getrennt wurden. Keiner weiß, wie viele heute noch auf der Suche nach ihren familiären Wurzeln sind. 1945 befanden sich 11 Millionen deutsche Soldaten in Kriegsgefangenschaft. Viele kamen nach wenigen Monaten oder Jahren frei. Viele starben fern der Heimat. Wer kann sich heute noch in die Gefühle der Eltern, Ehefrauen und Kinder hineinversetzen, die kaum etwas über das Schicksal der Gefangenen wussten?

Tausende stimmten im Auffanglager im Oktober 1955 den Text „Nun danket alle Gott“ an und sie sangen die Verse aus tiefstem Herzen, als 10 Jahre nach Kriegsende die letzten Kriegsgefangen aus der Sowjetunion aus dem Zug gestiegen waren. Unbeschreibliche Szenen des Wiedersehens spielten sich ab, die bis heute niemanden ungerührt lassen.
Aber viele hatten auch vergebens auf ihre Angehörigen gewartet. Manchmal habe ich das Gefühl, das die lange Phase von Frieden und Sicherheit bei manchen dazu geführt hat, dass sie sich der Errungenschaft unserer Demokratie, der Werte unseres Grundgesetzes nicht mehr bewusst sind.
Aber gerade diese Errungenschaften sind es, die Frieden und Sicherheit für alle erst möglich machen.
Langfristig sichern werden wir sie, wenn wir unsere Grundwerte zum zentralen Thema des gesellschaftlichen Gesprächs machen – um uns ihrer zu versichern und um andere für sie zu begeistern.

Wir sind einig in der NATO. Besonders in der aktuellen Zeit gilt unser Dank unseren Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die weltweit im Einsatz sind.
Der Volkstrauertag ist ein Tag des Gedenkens an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft.
Es ist ein Tag des Innehaltens und Mitgefühls, ein Tag, an dem wir uns ganz besonders bewusst werden, wie wertvoll es ist, sich für ein friedliches und gerechtes Zusammenleben der Menschen einzusetzen.

Ich möchte mich an dieser Stelle für Ihre Aufmerksamkeit bedanken, und möchte mich im Namen der Stadt Neu-Ulm bei allen Mitwirkenden bedanken.
Besonderer Dank geht an Herr Pfarrer Pritorius, dem Soldanteverein, der freiwilligen Feuerwehr, der Fahnenabordnungen sowie allen freiwilligen Helferinnen und Helfern“.

Reinhard Junginger