Kostenexplosion bei der Gänstorbrücke
23. April 2024Wir können mittlerweile als Gremium die fachliche und insbesondere die technische Begründung, für das alle Fachleute auf beiden Seiten der Donau scheinbar überraschende Ausschreibungsergebnis, nur noch staunend zur Kenntnis nehmen. Wie soll es weiter gehen?
Stadtrat 17.04.2024, TOP 3 Vergabebeschluss Neubau Gänstorbrücke. Beschluss einer überplanmäßigen Ausgabe
Stellungnahme CSU-Stadtratsfraktion
„Für uns ist unstrittig, dass wir den Neubau der Gänstorbrücke benötigen und damit leider auch an der Baukostensteigerung von 6,1 Mio. Euro nicht vorbeikommen werden.
Für uns ist auch unstrittig, dass wir bei diesem komplexen Bauprojekt mit unserem Partner, der Stadt Ulm, in einem gemeinsamen Boot sitzen und wir mit Blick auf diese gute Partnerschaft auch „an Bord“ bleiben werden, d.h. „zwangsläufig“, dass wir damit auch der Auftragsvergabe zustimmen werden.
Bei aller gebotenen Zurückhaltung lassen Sie mich dennoch festhalten:
Die Kostenerhöhung für die Stadt Neu-Ulm i.H. v. 6,1 Mio. Euro, beim Projekt Gänstorbrücke gesamt von 12,2 Mio., heißt derzeit unter dem Strich, dass die im Baudurchführungsbeschluss der Städte am 16.06.2023 avisierten Baukosten von ca. 40 Mio. € mittlerweile bei 52 Mio. € liegen werden. Diese Kostenentwicklung ist so beträchtlich wie außergewöhnlich. Wie die Erfahrung bei anderen städtischen Projekten zeigt, können wir auch keineswegs sicher sein, dass wir mit dieser überplanmäßigen Ausgabe „das Ende der Fahnenstange“ schon erreicht haben.
Wir können als Gremium die fachliche und insbesondere die technische Begründung, für das alle Fachleute auf beiden Seiten der Donau scheinbar überraschende Ausschreibungsergebnis, nur staunend zur Kenntnis nehmen.
Wir hätten dennoch die dringende Bitte an beide Verwaltungen, dass intern gemeinsam verschiedenen Fragestellungen zügig nachgegangen wird:
- Gibt es noch Einsparpotenziale, die man im Zuge der Baudurchführung eventuell realisieren könnte?
- Verlief die Abstimmung zwischen den Verwaltungen so, dass die Ursachen für Kostensteigerung im Vorfeld zwischen Ulm und Neu-Ulm besprochen/geklärt worden sind?
- Muss möglicherweise die Projektplanung und damit der Zeit- und Maßnahmenplan, der ja hauptsächlich auf Ulmer Seite abgewickelt wird, noch besser mit der Neu-Ulmer Seite abgestimmt werden, damit frühzeitig anstehende Probleme um Ausschreibungen, Umsetzungen, Kostenentwicklungen usw. gemeinsam gelöst werden können?
- Muss möglicherweise die Abstimmung mit dem Gemeinderat bzw. Stadtrat durch frühzeitigere Information so verbessert werden, dass nicht der „ungute Eindruck“ entsteht, Neu-Ulm muss, wie schon des Öfteren, den Beschlüssen von Ulm „zwangsläufig“ folgen, und natürlich umgekehrt auch?
Wir hätten die Bitte, dass die Frage der Überplanmäßigkeit von der Verwaltung umfangsmäßig nochmals geprüft wird:
Nach Art. 66 Abs. 1 GemO Bayern (Planabweichungen) sind überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen beziehungsweise Ausgaben nur zulässig, wenn sie unabweisbar sind und die Deckung gewährleistet ist. Sind sie erheblich, sind sie vom Gemeinderat zu beschließen.
Im Haushaltsplan 2024 planen wir bei 6300.9515 Haushaltsmittel von 2023 bis 2027 mit ges. 19,425 Mio. € und eine Verpflichtungsermächtigung für 2027 mit 5,250 Mio. €. Gesamt werden 27,2 Mio. € als Anteil von Neu-Ulm zu finanzieren sein.
Es ist zu prüfen, ob der angenommene Mehrbedarf von 6,1 Mio. € nicht durch andere Möglichkeiten insbesondere „gekoppelte Mehreinnahmen“ (oder Verpflichtungsermächtigungen) gedeckt werden kann. Bei 6300.3610 sind die Zuweisungen vom Land eingeplant. Bei der Gänstorbrücke sind im Haushalt 2024 auf Basis von 65 % der zuschussfähigen Kosten von 2025 bis 2027 rund 6,9 Mio € an Zuschüssen eingeplant. Die überplanmäßige Ausgabe von 6,1 Mio. € führen auch voraussichtlich zu überplanmäßigen Zuschüssen. Diese fehlen in der Betrachtung.
Wir hätten die Bitte, dass die Frage eines umfassenden „Kassensturzes“ von der Verwaltung nochmals eingehend geprüft wird:
Die im Zusammenhang mit der überplanmäßigen Ausgabe bei der Grundschule Burlafingen (15 eingeplante Maßnahmen mit 2,5 Mio. € ausschließlich aus dem Hochbaubereich) und bei der Gänstorbrücke (16 eingeplante Maßnahmen mit 6,1 Mio. € ausschließlich aus dem Tiefbaubereich) vorgeschlagenen Verschiebebahnhöfe entsprechen nicht unseren Vorstellungen:
z.B. ausgerechnet bei den Neubaugebieten (Eiland, IT-Campus) wird geschoben, die einzigen Projekte, bei denen auch Geld in die Stadtkasse kommen würde. Die Baugebiete würden dann aber um 1 Jahr blockiert.
z.B. sind im Hochbau mehrere Projekte der Betreuung und Bildung von Kindern und Jugendlichen betroffen, die wir für dringlich und nicht verschiebbar halten. Der Ganztagesanspruch in der Grundschule steht schon vor der Tür und ausgerechnet die Planungen für die offene Ganztagesschulen in Reutti und Offenhausen sollen aufgeschoben werden. Das gilt sinngemäß auch für die KiTa Turmstraße.
Bei einem grundlegenden Kassensturz, das wäre aus Sicht des Etatrechts des Stadtrats auch ein Vorteil, dass die Auswirkungen der überplanmäßigen Ausgaben und deren Finanzierung auf den gesamten Haushalt geprüft und bewertet werden.
Hierzu gehören ggf. auch Verbesserungen aus dem Jahresabschluss 2023. Soweit momentan überschaubar sollen knapp 15 Mio. € neue Haushaltsausgabereste und die nicht ausgenutzte Kreditermächtigung von 11,1, Mio. € als Haushaltseinnahmerest übertragen werden.
Hierzu gehört auch ggf. eine Neubewertung des Haushaltsrisikos „Kreisumlage“, je nach Ergebnis der Klausurtagung des Kreistags im Mai 2024.
In dieser Situation einen guten Mix aus Strecken, Streichen und Investieren hinzubekommen, das ist unser Ziel.“
Johannes Stingl