Sorgenfalten beim Blick in die finanzielle Zukunft
4. Dezember 2024Wegen der nicht einfachen Haushaltssituation für das Jahr 2025 ff wurde ein von der Mehrheit der Stadtratsfraktionen getragener, fraktionsübergreifender Antrag bei den Finanzberatungen eingebracht.
Gemeinsamer Antrag der Fraktionen CSU/JU, GRÜNE, SPD, PRO Neu-Ulm, FDP
Haushaltssatzung 2025, Empfehlungsbeschluss im Ausschuss für Finanzen, Inneres und Bürgerdienste am 3.12.2024. Antrag zum Empfehlungsbeschluss betreffend die Finanzplanung 2026-2028
„Danke für den vorliegenden Verwaltungsvorschlag zum Empfehlungsbeschluss. Diesen Empfehlungsbeschluss tragen wir mit. Mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf für 2025 haben wir das Beste aus der nicht einfachen Haushaltssituation gemacht. Die Verwaltung hat die Finanzen 2025 strukturiert und konsolidiert, so dass ein durchaus achtbarer Haushalt 2025 vorliegt. Aus der Tischvorlage zur heutigen Sitzung zum Stand nach den Budgetberatungen im Verwaltungshaushaushalt ergeben sich weitere 2,8 Mio € an finanziellen Verbesserungen.
Mit Blick auf die Finanzplanung ab 2026 und mögliche Entwicklungen bei der Kreisumlage 2025 möchten wir den Empfehlungsbeschluss um diese zwei Themen erweitern:
Wir beantragen, dem vorgeschlagenen Empfehlungsbeschluss folgende Ziffer 5 anzufügen:
5 Die Verwaltung wird beauftragt, in einem Konsolidierungskonzept baldmöglichst, spätestens jedoch bis zur Sommerpause 2025, weitere Maßnahmen vorzuschlagen, die geeignet sind, die Leistungsfähigkeit des städtischen Verwaltungshaushalts für den Finanzplanungszeitraum 2026 bis zu 2028 zu verbessern. Ziel des Konsolidierungskonzepts sollte es sein, die Leitungsfähigkeit des Verwaltungshaushalts so zu verbessern, dass der Verwaltungshaushalt in den Jahren 2026-2028 die Mindestzuführungsrate möglichst ohne Zuführungen aus dem Vermögenshaushalt erwirtschaftet.
Begründung:
Die mittelfristige Finanzplanung zum Haushaltsplan 2025 sieht für die Jahre 2026-2028 vor, dass die geplanten Zuführungsraten vom Verwaltungshaushalt in den Vermögenshaushalt, lediglich die etwaige Höhe der Mindestzuführung erreichen werden. (2026: 3,67 Mio €, 2027: 3,04 Mio €, 2028: 3,15 Mio €). In diesen Jahren erfolgt gleichzeitig jeweils eine Zuführung des Vermögenshaushalts zum Verwaltungshaushalt in Höhe von 6,558 Mio € / 3,626 Mio € /4,282 Mio €) In den Jahren 2026-28 weist der Finanzplan für die Jahre 2026 und 27 weiterhin hohe Investitionen in Baumaßnahmen, weitere Kreditaufnahmen im Jahr 2027 und Rücklagenentnahmen aus, die Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Verwaltungshaushalts haben werden. Hier gilt es gegen zu steuern.
Wir beantragen, dem vorgeschlagenen Empfehlungsbeschluss folgende Ziffer 6 anzufügen:
6 Der Landkreis bleibt dazu angehalten, im Vorfeld des Beschlusses zum Hebesatz für die Kreisumlage 2025 durch eigene, wirksame Konsolidierungsmaßnahmen im Kreishaushalt 2025 in größtmöglichen Umfang auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Städte und Gemeinden Rücksicht zu nehmen.
Begründung:
Die finanziellen Rahmenbedingungen für die kommunale Ebene haben sich deutlich verschlechtert. Die Haushaltsdefizite bei den Gemeinden und Städten als auch bei den Kreisen zeigen ein ähnliches Bild wie hier bei uns: Weder die Stadt Neu-Ulm noch der Landkreis Neu-Ulm verfügen derzeit über eine Finanzausstattung, die uns „ohne Sorgenfalten“ in die finanzielle Zukunft schauen lässt. Weitere Aufgabenzuweisungen auf die Kommunen, wie z. B. der Anspruch auf Ganztagesbetreuung in der Grundschule, mit „allseitig offenen Finanzierungsfragen“ lassen grüßen!
Beim Finanzgipfel der bayerischen Landräte mit den Regierungsfraktionen am 22. Oktober 2024 herrschte für die Landkreise „Alarmstufe Rot“ und es wurde die Unterstützung vom Freistaat Bayern eingefordert. Die Hauptursachen für die Schieflage der Kreisfinanzen sind klar: Die Ausgaben für soziale Leistungen, insbesondere die Kinder- und Jugendhilfe, sowie die Integration von Flüchtlingen sind stark gestiegen. Allein zwischen 2019 und 2022 erhöhten sich die Kosten für die Kinder- und Jugendhilfe um über 110 Millionen Euro auf rund 1,14 Milliarden Euro. Die zunehmende Aufgabenbelastung führt dazu, dass die Personalausgaben von 2018 bis 2023 um etwa 530 Millionen Euro gewachsen sind, was einer Steigerung von 35 Prozent entspricht. Mit über 5 Milliarden Euro alleine im 1. Halbjahr 2024 erreichte das kommunale Finanzierungsdefizit einen neuen Negativrekord.
Wir haben daher ein gewisses Verständnis für die finanzielle Lage beim Landkreis Neu-Ulm und dessen Überlegungen zur Erhöhung der Kreisumlage.
Unser Beschlussvorschlag bewegt sich innerhalb der gesetzlichen bzw. von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze bei der Festsetzung der Kreisumlage u.a. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Urteil vom 29.05.2019, Az. 10 C 6.18:
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und 3 GG verpflichtet den Landkreis, vor der Festlegung der Höhe des Kreisumlagesatzes auch den Finanzbedarf der umlagepflichtigen Gemeinden zu ermitteln und seine Entscheidungen offenzulegen.
Im Hinblick auf die verfassungsrechtlich gewährleistete Finanzhoheit der kreisangehörigen Gemeinden treffen den Landkreis bei der Bestimmung der Höhe der Kreisumlage besondere Pflichten: Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV gewährleisten den Gemeinden das Recht auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung. Denn die in diesen Vorschriften festgeschriebene kommunale Selbstverwaltungsgarantie beinhaltet die kommunale Finanzhoheit und damit die Befugnis zu einer eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens.
Somit ist der Landkreis gehalten, den Finanzbedarf der umlagepflichtigen Gemeinden zu ermitteln und seine Entscheidungen in geeigneter Form offen zu legen.“
Für die CSU-Fraktion Johannes Stingl