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Volkstrauertag 2025 in Pfuhl Ansprache von Johannes Stingl

Volkstrauertag 2025 in Pfuhl
Ansprache des Zweiten Bürgermeisters und Vorsitzenden der CSU-Stadtratsfraktion Johannes Stingl am Sonntag, 16. November 2025, beim Volkstrauertag 2025 in Pfuhl, Alte Kapelle

Sehr geehrter Herr Pfarrer Praetorius,
sehr geehrter Stefan Mayer (Vorstand Vereinsring Pfuhl), meine sehr verehrten Damen und Herren,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

Herzlichen Dank a den Vereinsring Pfuhl für die Organisation dieser Gedenkveranstaltung. Der Vereinsring hat hier gemeinsam mit der Evangelischen Kirchengemeinde Pfuhl/Burlafingen, der Feuerwehrkapelle, dem Singverein, der Karl-Salzmann-Schule und der Feuerwehr einen würdigen Rahmen für den Volkstrauertag geschaffen.

Seit über 100 Jahren gedenken wir am Volkstrauertag der Kriegstoten und den Opfern der Gewaltherrschaft aller Nationen.
Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg. In der an kriegerischen Auseinandersetzungen überaus reichen Weltgeschichte war der Zweite Weltkrieg wohl das größte Unglück für die Menschheit. Rund 3,5 Prozent der damals auf der Welt lebenden Menschen kamen ums Leben.

Nach dem Zweiten Weltkrieg – zunächst im westlichen Teil Deutschlands und ab 1989/90 im wiedervereinten Deutschland – haben wir das Geschenk einer freiheitlichen Grundordnung erhalten.

Seit einigen Jahren erleben wir jedoch wieder eine Zeit vermehrter und wachsender Unsicherheit. Der russische Überfall auf die Ukraine und die fortgesetzten hybriden Angriffe des Diktators Putin „gegen den Westen“ stellen uns vor große Herausforderungen. Der Ukrainekrieg geht seit Beginn des groß angelegten Überfalls am 24. Februar 2022 unvermindert weiter, die Nachrichten aus dem Nahen Osten sind weiterhin bedrückend, und auch im Verhältnis zu den USA – unserem Verbündeten, der Deutschland nach 1945 so sehr unterstützt hat – erleben wir Spannungen, die wir uns vor einiger Zeit noch nicht hätten vorstellen können.

Diese Unsicherheit hat mittlerweile Einzug in unsere Gesellschaft gehalten, und die Zweifel an der Funktionsfähigkeit unseres demokratisch organisierten Staates sind gewachsen. Ungelöste wirtschaftliche und gesellschaftliche Probleme erzeugen Frustration und verleiten dazu, nicht nach Lösungen und Kompromissen zu suchen, sondern anderen die Schuld zu geben. Dies nehmen wir nicht nur bei Konflikten außerhalb unseres Landes wahr – nein, auch im Inneren streitet man sich heftiger und unversöhnlicher als früher. Wenn sich jeder nur auf sich und seine Interessengruppe fokussiert, dann gewinnen die Feinde der Demokratie.
Wir alle brauchen einander, wir brauchen ein Miteinander, und wir brauchen gemeinsame Lösungen.

„Freiheit gelingt dann, wenn Menschen Verantwortung übernehmen.“
(Bundespräsident a. D. Joachim Gauck, Oktober 2025)

Freiheit muss im Bewusstsein unserer Verantwortung füreinander gelebt werden. Für andere Menschen etwas Gutes bewirken, ohne gleich dafür einen Lohn zu erwarten – das ist der „Kitt“, der unsere Gesellschaft zusammenhält. Viele Menschen engagieren sich, wie hier in Pfuhl und in Neu-Ulm, für das Gemeinwesen. Sie engagieren sich ehrenamtlich in Vereinen und Bürgerinitiativen, sie dienen unserer Gesellschaft in Uniform, sie helfen karitativ und fördern soziale, humanitäre und kulturelle Angelegenheiten.

Durch unser Gedenken an die weltweiten Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft wollen wir die Erinnerung an die Schrecken des Krieges wachhalten und Krieg und Gewaltherrschaft mit einem entschiedenen „Nie wieder Krieg“ aktiv entgegentreten.
Die Kriegsgräber zeigen uns nämlich, was Krieg in seiner letzten Konsequenz für unser eigenes Land bedeutet.

Die Antwort darauf heißt jedoch nicht „Frieden um jeden Preis“. Die bessere Antwort wäre vielleicht: Friedfertigkeit im eigenen Haus und Wehrhaftigkeit nach außen, damit auf diesen beiden demokratischen Säulen ein wahrer Frieden in Freiheit gedeihen kann.

Es bietet sich dieser Tage vielleicht die letzte Gelegenheit, gemeinsam mit jenen zu gedenken, die den Mai 1945 noch selbst erlebt haben. Diese Möglichkeit dürfen wir nicht verstreichen lassen. Nach dem Angriffs- und Vernichtungskrieg Deutschlands lagen 1945 weite Teile Europas in Trümmern. Aus Büchern und Berichten, aber auch aus persönlichen Gesprächen erreichen uns Erzählungen über die Kriegsereignisse, zum Beispiel von den Bombenangriffen auf Pfuhl.

Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, die Karl-Salzmann-Schule für einen Beitrag zum heutigen Volkstrauertag in Pfuhl zu gewinnen. Zwei Schülerinnen bzw. Schüler der Karl-Salzmann-Mittelschule Pfuhl werden zum zweiten Mal an die zivilen Opfer des schweren Bombenangriffs am 4. März 1945 in Pfuhl erinnern. Sie werden nachher vortragen:

– Michelle Rieck, Klasse 10aM
– Monir Mahdi, Klasse 10aM

Ich darf mich herzlich für euren Einsatz bedanken.
Es ist wichtig, dass sich auch die junge Generation für die Erinnerung an das Grauen des Krieges einsetzt und diese wachhält.

Nur so wird aus dem Schlagwort „Nie wieder“ ein konkretes Tun – ein „Nie wieder jetzt“. Warnen und Mahnen allein reicht nicht; Handeln ist angesagt.

Das Kriegsgrab mahnt uns alle zur Versöhnung, zur Solidarität, zum Frieden und zur Einhaltung sowie Durchsetzung der Menschenrechte.

Johannes Stingl