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Folgenevaluierung Finanzrisiken und Einführung einer doppelten (doppischen) Haushaltsführung

17. Juli 2025

Der Ausschuss für Finanzen, Inneres und Bürgerdienste hat in der Sitzung am 16.07.2025 mit großer Mehrheit (3 Gegenstimmen) beschlossen, den Antrag, die Verwaltung mit einer Folgenevaluierung der Finanzrisiken und weiteren Überlegungen zur Einführung einer doppischen Haushaltsführung zu beauftragen, abgelehnt.

Finanzausschuss des Neu-Ulmer Stadtrats am 16.07.2025, Tagesordnungspunkt 3

 Stellungnahme CSU-Stadtratsfraktion Neu-Ulm

„Sehr geehrte Damen und Herren,

danke für die Beratungsunterlage, „in der Kürze liegt die Würze“. Es ist sicherlich aller Mühe und Ehre wert, wenn sich der Stadtrat über Finanzrisiken und die doppische Haushaltsführung Gedanken macht. Problematisch wird es dann, wenn mit der Antragsbegründung der Eindruck entsteht, es soll die zweifelsohne schwierige Finanzsituation der Stadt mit der Einführung eines neuen „doppischen“ Buchführungssystems verbessert werden und zudem die „mangelnde Transparenz“ im gegenwärtigen Haushaltssystems durch die Doppik behoben werden.

Diese beiden Dinge gehören getrennt und vor allem sorgfältig betrachtet. Klar ist, dass ein neues Buchführungssystem die Stadt Neu-Ulm „nicht reicher“ macht, mithin keinen zusätzlichen Euro in die Kasse bringt. Klar ist auch, dass der Landkreis Neu-Ulm für die Stadt nur ein bedingt geeignetes Beispiel sein kann.

Zunächst mal zur „Doppik“:

Der Aufwand für die Einführung der Doppik ist beträchtlich (Externe Beratung, Einkauf Verfahren, Schulungen, Umstellungsaufwand usw.) siehe auch Beratungsunterlage 2015, Finanzausschuss 28.7.2015.

Ein Trend der bayerischen Kommunen zur Doppik ist auch nicht erkennbar:

2017 gibt es in Bayern insgesamt 2.134 Kommunen. Die 100 Doppik-Kommunen machen davon einen Anteil von 4,7 Prozent aus. Zum Stand 2017 ergeben sich nach Kommunaltypen folgende Prozentanteile doppisch rechnender Kommunen:

  • Bezirke: 0,0 Prozent (0 von 7)
  • Kreisfreie Städte: 40,0 Prozent (10 von 25)
  • Landkreise: 33,8 Prozent (24 von 71)
  • Kreisangehörige Städte und Gemeinden: 3,2 Prozent (66 von 2.031)

Die Kommunen haben in Bayern die Wahl: Sie können ihre Haushaltswirtschaft nach den Grundsätzen der Kameralistik oder der doppelten kommunalen Buchführung (Doppik) führen. Letztere orientiert sich am kaufmännischen Rechnungswesen und ermöglicht eine integrierte Darstellung des Ressourcenverbrauchs. Für die Kommunen, die bei der Kameralistik bleiben, wurde dieses Buchungssystem in Teilbereichen (zum Beispiel Kosten- und Leistungsrechnung gemäß § 11 a KommHV-Kameralistik) aktualisiert. Und erweitert. Weitere kameralen Übersichten über die dauernde Leistungsfähigkeit (Muster zu § 4 Nummer 4 KommHV-Kameralistik) und über den Stand der Schulden (Muster zu § 2 Absatz 2 Nummer 3 KommHV-Kameralistik) sowie den Stellenplan.

Die so genannte „erweiterte Kameralistik“ ist bei der Stadt Neu-Ulm eingeführt. Es gibt eine Kosten- und Leistungsrechnung für weite Teile der Verwaltung, an der Ausdehnung der KLR auf hoheitliche Bereiche wird gearbeitet. Wir haben eine Anlagenbuchhaltung, die Vermögensbewertung wird betrieben, neue Investitionen werden unmittelbar erfasst.

Die Kameralistik bietet über die bekannten Kennzahlen wie Zuführung zum Vermögenshaushalt, Nettoinvestitionsrate, Verschuldung, mittelfristige Finanz- und Investitionsplanung die notwendige Transparenz, mindestens für denjenigen, der an der richtigen Stelle im Kameralen Haushaltswerk nachschaut.

Zur Finanzsituation:

Unsere Finanzsituation ist auch nach Kameralistischen Grundsätzen, wie bei einem Großteil der anderen Kommunen auch, erkennbar schwierig. Die mangelnde Leistungskraft des Haushalts beruht auf konjunkturellen Ursachen, auf der fortgesetzten Übertragung von Aufgaben ohne ausreichende Finanzierung, zum Beispiel Ganztagsanspruch für Grundschulen, und auf „hausgemachten Ursachen“.

Wegen der schwierigen Finanzsituation und den Aufgabenübertragungen hat die CSU- Stadtratsfraktion in einem Schreiben Ende Juni unsere örtlichen CSU Abgeordneten Alexander Engelhard und Thorsten Freudenberger um konkrete Unterstützung gebeten. Gespräche hierzu laufen.

Wir haben im Übrigen bei der zweitägigen Finanzklausur im großen Einvernehmen mit der Verwaltung einige Ansätze entwickelt, wie wir unsere Finanzsituation verbessern können. Hierzu wird es noch Beratungen im Stadtrat geben, Haushaltsberatungen ohnedies.

Wir werden aus den genannten Gründen dem Beschlussvorschlag der Verwaltung folgen.

Die Diskussion um die Doppik ist damit sicherlich nicht beendet, die Diskussion um die Finanzsituation schon gar nicht.  Wir fahren hier „auf Sicht“, das heißt: die doppischen Elemente müssen weiter ausgebaut werden. Ein späterer Umstieg auf die Doppik muss offengehalten werden, weil die Abbildung aller Vermögenswerte, Verbindlichkeiten, alle Abschreibungen und Rückstellungen wichtige Informationen bietet.“

Johannes Stingl

(Symbolfoto Pixabay)