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Ein außergewöhnliches Vorgehen

31. Oktober 2025

Der vorgelegte Haushaltsentwurf weist ein Defizit im Verwaltungshaushalt von etwa 20 Mio € auf und ist daher derzeit nicht genehmigungsfähig. Eine Überarbeitung ist erforderlich.

Stellungnahme CSU-Stadtratsfraktion Neu-Ulm, im Stadtrat am 29.10.2025, Tagesordnungspunkt 3 Haushaltseinbringung

Sachverhalt:

Die Stadtverwaltung hat in der Stadtratssitzung am 29.10.2025 den Entwurf des Haushaltsplans 2026 mit Investitionsprogramm 2025-2029 und Finanzplanung eingebracht. Der Entwurf sieht folgende Eckwerte vor:

1. Das Gesamtvolumen des Verwaltungshaushalts beträgt in den Einnahmen 225,9 Mio € und in den Ausgaben 247,1 Mio €.
2. Zur Mitfinanzierung der Einzelbudgets stehen im Verwaltungshaushalt aus allgemeinen Haushaltsmitteln 82,5 Mio € zur Verfügung.
3. Die Zuführungsrate an den Vermögenshaushalt beträgt 4,0 Mio €.
4. Das Gesamtvolumen des Vermögenshauhalts beträgt 79,2 Millionen €, das Investitionsvolumen hieraus beträgt 71,35 Mio €.
5. Zur Mitfinanzierung des Vermögenshaushalts werden folgende Rücklagenmittel entnommen:
Aus der allgemeinen Rücklage: 4 Mio €.
Aus zweckgebundenen Rücklagen: 8,2 Mio €.
Aus der Sonderrücklage Abwasser: 1,19 Mio €.
6. Die geplante Kreditaufnahme beträgt 30 Mio €.

Der vorgelegte Haushaltsentwurf ist aufgrund des hohen Defizits im Verwaltungshaushalt (circa 20 Mio €) nicht genehmigungsfähig und muss überarbeitet werden.

Stellungnahme:

„Ich möchte mich für die Beratungsunterlage zur Haushaltseinbringung insbesondere Herrn Stadtkämmerer Kamp und beim Team der Kämmerei bedanken. Für Herrn Kamp ist es ja der erste eingebrachte Haushalt für die Stadt Neu-Ulm.

Die Einbringung des Haushalts mit einem Defizit von rund 20 Mio € ist zumindest schon mal ein außergewöhnliches Vorgehen.

Die Rede der Oberbürgermeisterin macht deutlich, dass die städtische Finanzlage kritisch ist. Wie viele andere Städte stehen wir vor strukturellen Problemen, die allein durch das Sondervermögen des Bundes, dessen Ausschüttung auf die Kommunen in Bayern ohnehin noch auf sich warten lässt, allein nicht ausreichen wird. Der Ausblick über das Jahr 2026 hinaus zeigt, dass der Haushalt ohne Kurswechsel in eine gefährliche Schieflage geraten könnte:

Die größten Herausforderungen sind:

1. Die laufenden Einnahmen im Verwaltungshaushalt reichen nicht mehr aus, um die Ausgaben und die Tilgungen abzudecken, Differenz: ca. – 20 Mio € Defizit
2. Das Investitionsvolumen im Vermögenshaushalt mit geplant 71 Mio € (Gesamtvolumen Vermögenshaushalt 79 Mio €) ist sehr hoch, was die Verschuldung der Stadt von 54,79 Mio € (31.12.2025) um 30 Mio € im Jahr 2026 weiterhin steigen lässt. Daraus resultiert zwangsläufig ein spürbarer Anstieg der Verschuldung.
3. Bei einer Rücklagenentnahme von gesamt 13,3 Mio € Millionen Euro können die verbleibenden Rücklagemittel nur noch begrenzt herangezogen werden, dies wird gegebenenfalls zunehmende Kassenkredite notwendig machen.
4. Die Situation beim Landkreis rund um die Kliniken und der steigende Finanzbedarf bei städtischen Töchtern (SWU, NUWOG, EG NU und Donaubad) darf nicht zu einer mittelbar oder unmittelbar zu einer „unbegrenzten“ Belastung des städtischen Gesamthaushalts werden. Hier müssen wir einwirken und gemeinsam mit den Gesellschaften Lösungen suchen.

Wir sind uns sicherlich alle einig, dass die kommenden Monate schwierig werden. Ein genehmigungsfähiger Haushalt setzt schwierige Entscheidungen voraus, teilweise auch Verzicht. Ein genehmigungsfähiger Haushalt bedeutet jedoch vor allem eines: die Stadt beweist ihre Handlungsfähigkeit.

Es geht dabei nicht nur um die „nackten“ Haushaltszahlen, sondern um die Lebensqualität unserer Bürgerinnen und Bürger. Dies bedeutet: sichere Arbeitsplätze, gute Schulen, Kinderbetreuung, Mobilität, Kultur und Soziales Zusammenstehen. Dies alles hängt auch mit dem Haushalt zusammen.

Circa fünf Monate vor der Stadtratswahl ist es natürlich verlockend, neue Angebote zu versprechen oder lange aufgeschobene Wünsche zu erfüllen. Wir müssen aber auch nach dem Wahltag als Stadt handlungsfähig bleiben.

Wahr ist auch, dass kaum eine Stadt diesen Kraftakt ohne Unterstützung des Bundes und des Freistaates schaffen wird. Bei einem kommunalen Gesamtdefizit von 25 Milliarden € im Jahr 2024 in Deutschland müssen wir die Unterstützung der übergeordneten staatlichen Ebenen, aber auch die Solidarität der „Umlagefinanzierten“ wie Landkreis und Bezirk einfordern. Es ist schwierig, dass wir uns am Tage der Haushaltseinbringung bei der Stadt lediglich mit dem „Erwartungswert“ des Kreises zur Kreisumlage 2026 auseinandersetzen können, immerhin circa 55 Millionen €, während die Kreisverwaltung wie in den letzten 17 Jahren am heutigen Tag keine konkreten Zahlen zur Kreisumlage 2026 liefern kann.

Bei allen unterschiedlichen Meinungen dürfen wir es „unter dem Strich“ nicht zulassen, dass die kommunale Finanzkrise sich zu einer Krise der kommunalen Demokratie ausweitet. Es erscheint mir ratsam, dass wir in unserem Stadtrat einen breiten Konsens versuchen. Die klare Botschaft an die Bürgerinnen und Bürger Neu-Ulm muss lauten: wir sind handlungsfähig, wir nehmen die Verantwortung an und sichern die Zukunft unserer Stadt.“

Johannes Stingl