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Historischer Kern Offenhausens erhält einen Bebauungsplan

7. April 2022

Auf Antrag der CSU/JU sollte ein Bebauungsplan für den historischen Kern Offenhausens im Bereich der Ortstraße aufgestellt werden. Die Verwaltung setzte hingegen auf die Erstellung eines Rahmenplans – die Mitglieder des PUA folgten dem CSU/JU-Antrag fast einstimmig.

Stellungnahme der Fraktionsgemeinschaft von CSU und JU zur Aufstellung eines Bebauungsplans für den Bereich der Ortstraße in Offenhausen:

„Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
sehr geehrte Vertreter der Verwaltung,
werte Stadtratskolleginnen und -kollegen,
sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,

aufgrund vermehrter Anfragen, möchte ich vorab kurz erläutern, weshalb die Unterschriftenliste der Befürworter des Bebauungsplans lediglich 4 Eigentümer umfasst.

Die Ortstraße in Offenhausen besteht aus insgesamt 15 kleineren und größeren Grundstücken, davon waren

  • 4 Eigentümer für die Aufstellung eines Bebauungsplans,
  • 1 Eigentümer hat sich enthalten,
  • 2 Eigentümer wurden mehrfach nicht angetroffen,
  • 3 große Grundstücke wurden bereits verkauft und somit unbewohnt und
  • 5 Eigentümer sind nicht vor Ort wohnhaft.

Allein der bekannte gewordene Verkauf von 3 großen Grundstücken an Investoren lässt darauf schließen, dass sich im Bereich der Ortstraße in den nächsten Monaten und Jahren baulich einiges tun wird.

Bei der Durchsicht des einseitigen Sachverhalts der Verwaltung bekommen wir leider den Eindruck, dass diese sehr knappe Sitzungsvorlage ein gewisses Desinteresses an einem Anliegen erweckt, welches aus der Mitte der Offenhausener Bürgerschaft eingebracht wurde.

In den Unterlagen des ISEK auf Seite 94 heißt es:
„Die Siedlungsentwicklung in Offenhausen ist abgeschlossen. Auch in den Randbereichen sind keine nennenswerten Flächenpotenziale mehr vorhanden. Nachverdichtungsmöglichkeiten ergeben sich eher vereinzelt durch Ersatzbauten und Nutzungsintensivierung im Bestand (z.B. Anbauten/Aufstockungen).“

Die Ortstraße bildet das letzte verfügbare Gebiet, in welchem in den nächsten Jahren größere Bauprojekte mit einem entsprechenden Nachverdichtungsgrad realisiert werden können. Daher ist es immens wichtig, dieses Gebiet nicht den Launen und Ideen der zukünftigen Eigentümer und Investoren zu überlassen, sondern die Art der Bebauung, deren Ausdehnung und die Eigenschaften der Gebäude entsprechend zu definieren, sodass dieser historische Kern Offenhausens zumindest in seiner architektonischen Form erhalten bleibt.

Dies ist aus unserer Sicht nur mit dem rechtlich bindenden Instrument eines Bebauungsplans möglich – dies scheint jedoch nicht im Sinne der Verwaltung zu sein.

In der heutigen Sitzungsvorlage teilt die Verwaltung mit, dass die Erstellung eines Bebauungsplans aufwändig sei und mit einem hohen Abstimmungsaufwand verbunden ist. Dies ist uns durchaus bewusst, aber ist das nicht bei der Erstellung aller Bebauungspläne der Fall?!

Weiterhin wird auf eine Einschränkung von bestehendem Baurecht und mögliche Entschädigungszahlungen an die Eigentümer hingewiesen, welche die Zurückstellung eines Bebauungsplans rechtfertigen sollen.

Der Zweck eines Bebauungsplans ist die

  • Verhinderung von architektonischem und baulichem Wildwuchs in Baugebieten,
  • die Sicherstellung eines einheitlichen Siedlungscharakters und eben auch
  • die Wahrung von Einzelinteressen der Grundstückseigentümer.

Genau dafür beinhalten Bebauungspläne beispielsweise Vorgaben zu Art und Umfang der baulichen Nutzung, zur Bauweise, zu den Maßen und so weiter.

Daher stellt sich für uns die Frage: Stellt ein Bebauungsplan ein Zwangskorsett für die aktuellen und zukünftigen Grundstückseigentümer dar, oder nicht eher ein Regelwerk, welches es den aktuellen und potentiellen Grundstückseigentümern einfacher macht, die Grenzen ihres jeweiligen Bauvorhabens zu kennen und eine Sicherheit zu haben, welche Art der Bebauung möglich ist und welche nicht?!

Leider hat sich in die Köpfe der Leute eingebrannt, dass ein Bebauungsplan ein Katalog voller Einschränkungen darstellt – die Vorteile, wie eine klare Regelungslage und ein nachhaltig geringerer Abstimmungsaufwand, werden meist nicht betrachtet.

Die zentralen Anliegen unseres Antrags zur Aufstellung eines Bebauungsplans sind einerseits die Verhinderung von baulichem Wildwuchs in einem solch exponierten Gebiet und die Wahrung des bestehenden Siedlungscharakters, andererseits aber auch der Wunsch, dem historischen Kern Offenhausens auch zukünftig ein architektonisches Abbild zu verschaffen – wie beispielsweise eine Vorgabe, die Giebelständigkeit der Bestandsgebäude in die Planung mit aufzunehmen.

Ein Negativbeispiel, wie ein solches Bauvorhaben ohne Bebauungsplan aussehen kann, ist der Flachdachbau des ehemaligen Gasthofs Engel in unmittelbarer Nähe zur OMV-Kreuzung. Dieses Gebäude, ursprünglich mit Satteldach versehen, wurde aufgestockt und war in seiner Ausführung nur deshalb genehmigungspflichtig, weil eben kein Bebauungsplan vorhanden war, welcher einen solchen Flachdachbau hätte verhindern können.

Bei dem ersten Wohnbauprojekt in der Ortstraße auf dem ehemaligen Hofanwesen der Familie Eberhardt in der Ortstraße 6, wurde durch den neuen Bauherrn glücklicherweise die Architektur der Bestandsgebäude in seiner Entwurfsplanung aufgegriffen – dazu verpflichtet war und ist er jedoch nicht.

Zu den in der Sitzungsvorlage thematisierten Entschädigungszahlungen hätte ich folgende Fragen:

  • Gab es in der Vergangenheit bereits den Fall, dass die Stadt Neu-Ulm eine Entschädigungszahlung wegen der Erstellung eines Bebauungsplans in einem bereits bebauten Gebiet leisten musste?
  • Wäre es nicht sinnvoller, die Eigentümer hinsichtlich solcher möglicher Entschädigungszahlungen vorher zu befragen, als es per se als Zurückstellungsgrund ins Feld zu führen?

Ganz generell stellen wir uns auch die Frage, weshalb die Verwaltung nicht spätestens bei Bekanntwerden der Verkäufe an Bauträger und Investoren hinsichtlich der Aufstellung eines Bebauungsplans oder zumindest eines Rahmenplans tätig geworden ist?

In den ISEK-Unterlagen auf Seite 72 heißt es:
„Ein intaktes Orts- und Landschaftsbild wirkt identitätsstiftend und ist wichtig um sich als Bewohner in seinem Quartier oder Stadtteil wohlzufühlen. Die Gestaltung einer „schönen“ Stadt ist ein Beitrag zu mehr Lebensqualität und damit eine Daueraufgabe nicht nur für die Stadt und ihre Bürger.“

Als eine Schwäche werden in eben diesem Zusammenhang u.a. die „fehlenden verbindlichen Gestaltungsrichtlinien als fehlende rechtliche Handhabe“ genannt.

Jene rechtliche Handhabe in Form eines Bebauungsplans, welche nun zurückgestellt werden soll. Stattdessen soll der Sachverhalt im Bedarfsfall erneut zur Beratung vorgelegt werden. Welcher Bedarfsfalls sollte das denn sein, wenn selbst jetzt noch kein Bedarf gesehen wird?

Als Alternative zu einem Bebauungsplan schlägt die Verwaltung eine im Rahmen der Bauberatung abgestimmte Lösung vor, welche ggf. einen vorhabenbezogenen und vom Bauträger finanzierten Bebauungsplan nach sich zieht – gegebenenfalls!

Im Bedarfsfalls kann dann Baugesuch zurückgestellt oder eine Veränderungssperre verhängt werden. Zielführend wäre aus Sicht der Verwaltung ggf. die Erstellung einer Rahmenplanung, welche ausreichend robust und flexibel wäre – aber eben rechtlich nicht bindend.

Aus unserer Sicht beinhaltet diese Alternative so viele Eventualitäten, dass dies absolut im Gegensatz zu der im ISEK-Papier analysierten Schwäche des Stadtbilds, also der „fehlenden verbindlichen Gestaltungsrichtlinien als fehlende rechtliche Handhabe“ steht.

Ein städtebaulicher Rahmenplan stellt lediglich ein informelles Planungsinstrument dar, um Entwicklungspotentiale eines Stadtteils auszuloten und Perspektiven für dessen zukünftige Nutzung in groben Zügen darzustellen – und somit eine Empfehlung an die Bauherrn.

Der Zeitpunkt einer Anwendung eines Rahmenplans ist jedoch bei der geplanten zeitnahen Bebauung und Nachverdichtung im Gebiet der Ortsstraße in Offenhausen längst überschritten. Dieses Instrument hätte sinnvollerweise bereits vor Jahren angewendet werden müssen.

Die Fraktionsgemeinschaft von CSU und JU wird aus den genannten Gründen an der Erstellung eines Bebauungsplans festhalten und gegen den Vorschlag der Verwaltung stimmen.

Ergebnis:
Dem Antrag der CSU/JU zur Erstellung eines Bebauungsplans, wurde fast einstimmig (2 Gegenstimmen) zugestimmt.

Hans-Georg Maier