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Zusammen sind wir Stadt: Für ein neues Miteinander

7. Juli 2025

Die herrschende Praxis, der kommunalen Ebene immer mehr Aufgaben zu übertragen, ohne deren Finanzierung annähernd sicherzustellen, lässt uns befürchten, dass weitere finanzielle Belastungen auf die Stadt zukommen werden. Die Städte und Gemeinde brauchen eine Revitalisierung der kommunalen Selbstverwaltung, daher hat die CSU-Fraktion für unsere Stadt unsere örtlichen Abgeordneten angeschrieben und  eindringlich um Unterstützung für unser Anliegen gebeten.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Engelhard, lieber Alexander,
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Freudenberger, lieber Thorsten,

„Zusammen sind wir Stadt: für ein neues Miteinander“ lautet die Überschrift der Hannoverschen Erklärung zur 43. Hauptversammlung des Deutschen Städtetags in Hannover vom 13. bis 15. Mai 2025.

Wir möchten die „Hannoverschen Erklärung“ zum Anlass nehmen, um unsere örtlichen Abgeordneten um einen wirksamen Beitrag zur Lösung der herrschenden strukturellen und finanziellen Probleme der Kommunen vor Ort zu bitten. Wir haben zunehmend den Eindruck, dass das Miteinander zwischen den Städten und der bayerischen Landespolitik beziehungsweise der deutschen Bundespolitik gelitten hat und dabei mehr und mehr der notwendige Gestaltungsspielraum für die Städte verloren geht. Dies gilt auch für unsere Stadt Neu-Ulm.

Nach dem letzten städtischen Finanzzwischenbericht zum 30.4.2025 werden wir im Jahr 2025 6 Mio. € weniger Gewerbesteuer vereinnahmen können und haben im Vergleich zu unserem im Dezember 2024 beschlossenen Haushalt seit März 2025 eine um circa 1,8 Mio. € erhöhte Kreisumlage. Im Verwaltungshaushalt wurde bereits eine prozentuale Haushaltssperre für die Verwaltungs- und Betriebskosten verfügt. Wir erreichen unter Inanspruchnahme von Rücklagemitteln gerade mal die Mindestzuführung im Verwaltungsaufwand. „Besserung“ ist momentan nicht in Sicht.

Eine weitere Überschrift aus der Hannoverschen Erklärung ist: „Zusammen sind wir Stadt: mit starken kommunalen Finanzen.“ Davon sind wir, wie viele andere Städte, weit entfernt. Aus dem kommunalen Rekorddefizit des vergangenen Jahres von fast 25 Mrd. € werden die Städte aus eigener Kraft nicht mehr herauskommen, zumal die Belastungen der Städte durch die umlage-finanzierten Landkreise und Bezirke eher noch steigen werden. Den bayerischen Kommunen fehlten bereits im vergangenen Jahr ca. 5,4 Mrd. €.

Die herrschende Praxis, der kommunalen Ebene immer mehr Aufgaben zu übertragen, ohne deren Finanzierung annähernd sicherzustellen, lässt uns befürchten, dass weitere finanzielle Belastungen auf die Stadt zukommen werden.

Ein „Paradebeispiel“ hierfür ist die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat in einem Forderungskatalog an die neue Bundesregierung zutreffend die zentralen, ungelösten Probleme bei der Ganztagsbetreuung aufgelistet:

1. Fehlende Bundesmittel in Höhe von rund 1 Mrd. € im Rahmen des Ganztagsinvestitions- Förderprogramms in den Haushalt 2025 einstellen.

2. Fristen Ganztagsinvestitions-Förderprogramm um mindestens zwei Jahre verlängern.

3. Erhöhung der finanziellen Beteiligung an den Betriebskosten erforderlich.

4. Ferienbetreuung nachbessern.

Wir sehen hier weiterhin einen erheblichen Handlungsbedarf für die Bundes- und Landespolitik!

Nach unseren praktischen Erfahrungen mit den konkreten Finanzierungsproblemen unserer Schulen, Kitas und anderer Bildungseinrichtungen, bei den Investitionen wie im Betrieb, möchten wir uns mit folgenden Anliegen an die Bundes- und die Landespolitik den berechtigten Forderungen des DStGB anschließen:

• Umfängliche Investitionsfinanzierung Schulen (insbesondere Ausbau des Ganztags an Grundschulen): Der Rechtsanspruch, der nicht von den Kommunen ausgegeben wurde, muss vollumfänglich durch den Bund und die Länder finanziert sein (Konnexität)! Diese Investitionsfinanzierung durch Bund/Land darf keiner zeitlichen Beschränkung unterliegen. Mindestens muss der Unterstützungszeitraum aber auf 10 Jahre ausgeweitet werden.

• Umfängliche Investitionsfinanzierung KiTas: Der Rechtsanspruch, der nicht von den Kommunen ausgegeben wurde, muss vollumfänglich durch den Bund und die Länder finanziert sein (Konnexität)! 50% auf die „förderfähigen Kosten“ seitens des Landes sind nicht ausreichend!

• Betriebskostenfinanzierung KiTas: Der Rechtsanspruch, der nicht von den Kommunen ausgegeben wurde, muss vollumfänglich durch den Bund und die Länder finanziert sein (Konnexität)! Auch im Betrieb. Die Förderung nach BayKiBiG ist längst nicht mehr ausreichend. Es muss eine deutliche Erhöhung seitens des Landes erfolgen – ohne anteilige Erhöhung des kommunalen Anteils (wie dies bei einer herkömmlichen Erhöhung des Basiswertes der Fall wäre).

• Betriebskostenfinanzierung Ganztag/Schule. Der Rechtsanspruch, der nicht von den Kommunen ausgegeben wurde, muss vollumfänglich durch den Bund und die Länder finanziert sein (Konnexität)! Auch im Betrieb. Wann wird es seitens des Landes Vorgaben zum Ganztagesbetrieb an Grundschulen geben? Bisher gibt es keinerlei Ausführungsverordnung. Der Anspruch auf ganztägige Betreuung an Grundschulen beginnt ab dem Schuljahr 2026/2027. Ist die Landesregierung, insbesondere die Kultusverwaltung der Auffassung, dass die Kommunen, ohne die notwendigen Vorgaben seitens des Landes, in der Lage sind, den Anspruch rechtskonform in der verbleibenden Zeit umzusetzen? Dies wird aller Voraussicht nach nicht der Fall sein. Die Landesregierung wird hierfür die Verantwortung tragen müssen.

• Finanzierung Ferienbetreuung (Ganztagesbetreuung): Der Rechtsanspruch der nicht von den Kommunen ausgegeben wurde, muss vollumfänglich durch den Bund und die Länder finanziert sein (Konnexität)! Auch im Betrieb. Bisher gibt es keinerlei Signal von der Landesregierung, dass die Kommunen bei der extremen Ausweitung der Angebote finanziell unterstützt werden sollen. In welchem Umfang werden Kommunen finanziell unterstützt, um die Ferienbetreuung flächendeckend anzubieten? Wird es eine verpflichtende oder freiwillige Beteiligung der Eltern an den Kosten geben? Falls ja, in welcher Höhe? Wie wird sichergestellt, dass sozial schwächere Familien Zugang zur Ferienbetreuung erhalten? Gibt es eine langfristige Finanzierungsstrategie, um die Qualität und den Ausbau der Ferienbetreuung nachhaltig zu sichern? Wird die Förderung von Ferienbetreuung auch für externe Anbieter wie Vereine, Jugendverbände oder private Träger möglich sein?

Museen stärker als Bildungsorte verankern: Museen sind außerschulische Bildungsorte. Das Kultusministerium formuliert für den Ganztag „den Unterricht ergänzende Bildungs- und Betreuungsangebote in der Schule und enger Kooperation mit außerschulischen Partnern“. Das bedeutet aber auch, dass diese Einrichtungen eine entsprechende finanzielle Unterstützung seitens des Landes für museumspädagogische Projekte und damit pädagogisch ausgebildetes Personal benötigen.

Archive/Kommunalarchive stärker als Bildungsorte verankern: Archive sind außerschulische Bildungsorte. Das Kultusministerium formuliert für den Ganztag „den Unterricht ergänzende Bildungs- und Betreuungsangebote in der Schule und enger Kooperation mit außerschulischen Partnern“. Das bedeutet aber auch, dass diese Einrichtungen eine entsprechende finanzielle Unterstützung seitens des Landes für archivpädagogische Projekte und damit pädagogisch ausgebildetes Personal benötigen.

• Außerschulischer Bildungsort Sport: Anerkennung von Übungsleitern aus Sportvereinen zur Ganztagsbetreuungsangebote und entsprechende Finanzierung.

• Weitere, dauerhaft gesicherte Finanzierung durch Bund/Land der Digitalisierung an Schulen und Voll!Finanzierung von Lehrerdienstgeräten, dazugehöriges Equipment (Ladekoffer, -kabel, Tastaturen, etc.), Support, Ersatzbeschaffungen, etc.: Es handelt sich um Mitarbeitende des Landes, die seitens ihres Arbeitgebers – dem Land! – vollumfänglich ausgestattet sein müssen. Dies ist nicht Aufgabe des sächlichen Schulträgers. Der Beschaffungsvorgang selbst ist eigentlich bereits Aufgabe des Landes, nicht der sächlichen Schulträger.

• Finanzierung von Musikschulen, (auch als Teil des Ganztagesbetriebs an Grundschulen): Festlegung einer Förderquote beim Lehrpersonalkostenzuschuss für den nächsten Doppelhaushalt (Ausgleich von Lohnsteigerungen), damit Musikschulen nachhaltig die Zukunft der musikalischen Bildung in Bayern aufrechterhalten können. Benennung der Musikschulen als Partner im „Kreativen Ganztag“ (Zitat aus Schreiben von StM Blume an StMin Stolz und Scharf im Juli 2024).

• Abschließen einer Rahmenvereinbarung zwischen den Ministerien und den Trägern der Musikschulen. Wertschätzung der Zusammenarbeit durch adäquate Finanzierung der Angebote, die durch pädagogisch qualifiziertes und erfahrenes Personal geleistet werden können. Die notwendigen und gewünschten Kooperationen mit Kitas und Schulen dürfen nicht eine Alternative zur bestehenden Arbeit der Musikschulen sein, sondern müssen sie ergänzen – das bereits bestehende Defizit der Kommunen beim Betrieb einer Musikschule darf sich nicht verschärfen. Kooperationen müssen umfänglich finanziert werden. Abschaffung des Doppelförderverbotes für Kooperationen.

Übernahme von Fahrtkosten zu Fahrten an außerschulische Lernorte.

Lieber Alexander, lieber Thorsten,

die Städte und Gemeinden sind die „bürgernächsten Ebenen“ in unserem Staat. Wir sehen mit großer Sorge, wie unsere Stadt weiterhin ihre Gestaltungskraft zu verlieren droht, sofern Bund und Länder sich nicht zügig anschicken, um die Städte wieder zu stärken. Wir brauchen hierzu starke kommunale Finanzen. Wir brauchen eine Revitalisierung der kommunalen Selbstverwaltung und bitten Euch als unsere örtlichen Abgeordneten eindringlich um Unterstützung für unser Anliegen.

Besten Dank für Euren Einsatz!

Mit freundlichen Grüßen

Für die CSU-Stadtratsfraktion Neu-Ulm Johannes Stingl, Julia Lidl, Reinhard Junginger, Waltraud Oßwald, Dr. Thomas Ott