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Bahnausbau – warum keine Festlegung erfolgte

13. November 2023

Der Neu-Ulmer Stadtrat hat in seiner letzten Sitzung nach langer und ausgiebiger Diskussion mehrheitlich eine Entscheidung zu den möglichen Ausbaustrecken getroffen.

Raumordnungsverfahren Ausbau–/Neubaustrecke Ulm – Augsburg, Stellungnahme der Stadt Neu-Ulm, Stadtrat am 8.11.2023.

Stellungnahme der CSU-Fraktion:

„Besten Dank für die vorliegende Beschlussvorlage.

Wir stehen als CSU-Fraktion hinter diesem wichtigen Infrastrukturprojekt. Es ist bedeutsam auch für die Zukunft der Stadt Neu-Ulm. Wir unterstützen das Bahnprojekt Ulm – Augsburg und das Ziel „Bessere Verbindungen in und durch bayerisch Schwaben erreichen“. Im Interesse des „großen Ganzen“ sind wir auch kompromissbereit. Wir bedanken uns bei der Stadtplanung für die Auswertung der von der DB Netze AG für das Raumordnungsverfahren zur Verfügung gestellten Unterlagen. Großen Respekt, wie sie aus den umfangreichen Antragsunterlagen der DB für das Raumordnungsverfahren, bestehend aus immerhin elf Aktenordnern, die fachliche Stellungnahme erarbeitet haben.

Wir sind auch dankbar, wie die Deutsche Bahn die Bürgerschaft in Neu-Ulm über den Ausbau der Trassen informiert und beteiligt hat. Die Deutsche Bahn war auch stets bereit, bei Veranstaltungen der Stadt oder bei Vereinsveranstaltungen in den Stadtteilen aufzutreten, sofern dies angefordert wurde. Entsprechend dem Planungsstand des Projekts waren die Informationen der Deutschen Bahn wegen fehlender weiterer Planungen in manchen Phasen und Bereichen oft nicht so aussagekräftig, wie man sich es vor Ort gewünscht hätte. Die „letzte Sicherheit“ hat gefehlt.

Der Stadtrat hat sich jeweils auf Antrag der CSU am 24.11.2021 und 27.4.2023 von der DB über den Stand des Projektes informieren lassen. Viele „Knackpunkte“ bei der Trassenplanung wie Lärmemissionen für Anwohner, Menschenschutz, Naturschutz, Schutz sensibler Lebensräume, Flächenverbrauch, Kosten, Discounter und Getränkemarkt, Bahnhalt Regio S Bahn, Adenauer Straße, Umgehungsstraße sind uns durchaus geläufig.

Wir nehmen Einwendungen, Stellungnahmen, Sorgen und Ängste aus der Bürgerschaft ernst und versuchen denen auch so weit wie möglich Rechnung zu tragen. Dies gilt für alle Stadtteile.

Mit Beginn des Raumordnungsverfahren am 7.9.2023 durch die Regierung von Schwaben stehen nun umfangreiche Unterlagen der DB Netz AG als Projektträgerin zur Verfügung.
Allerdings: Im Raumordnungsverfahren prüft die Regierung von Schwaben (RvS) die raumbedeutsamen Auswirkungen des Bahnprojektes, unter Einbeziehung der von der Projektträgerin eingebrachten Trassenvarianten unter überörtlichen Gesichtspunkten, einschließlich der überörtlich raumbedeutsamen Umweltbelange. In der Folge sind technische und fachliche Detailfragen sowie Entschädigungs- und Enteignungsfragen nicht Prüfgegenstand im Raumordnungsverfahren. Weitergehende und vertiefende Prüfungen werden Gegenstand nachfolgender Zulassungsverfahren, zum Beispiel des Planfeststellungsverfahrens sein.

Die Stadt gibt lediglich eine Stellungnahme ab, d.h. wir werden „angehört“, es ist aber keineswegs sicher, dass wir „erhört“ werden. Die RvS macht einen Vorschlag für die Vorzugsvariante, die DB-Netze reicht die Vorzugsvariante beim Bundestag ein und der entscheidet dann.

Wir haben uns entlang der Erkenntnisse aus der städtischen Informationsveranstaltung am 19.10.2023 zum Raumordnungsverfahren und der Bürgerversammlung in Burlafingen am 26.10.2023 von der Vorstellung verabschiedet, dass eine „Vorzugsvariante der Stadt Neu-Ulm“ heute beschlossen werden kann.
Die Stellungnahme bzw. der „neue“ Beschlussvorschlag ist ein ernsthafter Versuch, größere Konflikte innerhalb der Stadtgesellschaft zu vermeiden bzw. diese nicht in der Stellungnahme der Stadt auszutragen. Konfliktpotenzial besteht insbesondere in der Sichtweise auf die Variante „Durchfahrung violett“ via „türkise Variante“, d.h. Umfahrung via Durchfahrung, d.h. Konfliktpotenzial zwischen Stadtteilen, innerhalb der Stadtteile, innerhalb der Fraktionen und auch im Stadtrat, ohne dass es in der Sache etwas nützt. Letztendlich droht der Konflikt in einem Verfahren, in dem mindestens die Stadt Neu-Ulm nicht die finale Entscheidung trifft.
Für das Raumordnungsverfahren macht die Regierung von Schwaben den Vorschlag für eine Vorzugstrasse, die finale Entscheidung über das, was ins Planfeststellungsverfahren geht, trifft der Bund. Und wir streiten dafür auf „höchstem Niveau“ um die Stellungnahme der Stadt. Die Stadtverwaltung, die immerhin auf der Basis der von der Bahn ins Raumordnungsverfahren eingebrachten Unterlagen (11 Aktenordner!) durchgearbeitet hat, gerät für ihre fachliche Stellungnahme und den immer wieder ins Feld geführten „Ungenauigkeiten, angeblichen Fehlern in den Bahnunterlagen“ zunehmend „in die Schusslinie“ von denjenigen, denen das Ergebnis nicht passt. Final muss man sehen und anerkennen, dass in Burlafingen, in Pfuhl, in Steinheim mit unterschiedlicher Intensität Ängste und Befürchtungen geäußert wurden, denen wir auch Rechnung tragen müssen.
Die vorliegende Beschlussvorlage und die Stellungnahme greifen diese Überlegungen auf und verzichten bewusst auf die Empfehlung einer Vorzugsvariante. Dies muss dann auch für die bei der Bürgerversammlung bzw. von der Bürgerinitiative vorgeschlagenen Trassenvarianten gelten. Und dies muss dann auch für etwaige Anträge in der heutigen Sitzung gelten, mit denen via Antrag für eine „Vorzugsvariante“ entschieden werden soll.
In die Bewertung der Variante Violett „Durchfahrung“ sind zahlreiche Vorbehalte und Forderungen der Stadt eingebaut worden. Das sind aus unserer Sicht zwingende Punkte und Forderungen in Richtung Bahn:

1. Von den beiden neuen Gleisen soll jeweils eines im Norden und eines im Süden gebaut werden. Die nördlichen Gleise sollen dem Schnellverkehr und die südlichen für die Regionalbahn/ Güterverkehr und den neuen Bahnhalt.
2. Erhalt der Adenauerstraße, Verschiebung der Brücke oder Unterführung, Erreichbarkeit der Nahversorgung
3. Ablehnung einer Umgehungsstraße als Ersatz für die Adenauerstraße
4. Erarbeitung eines Integrierten städtebaulichen Konzept der Bahn
5. Optimaler Lärmschutz
6. Standorte der Nahversorgung entlang der Adenauer Straße erhalten

Die Einschätzungen in der städtischen Stellungnahme zu den Umfahrungs-Varianten hellviolett, orange, türkis, blau-grün wie z.B. Zerschneidung von wertvollen Landschaftsteilen, höherer Flächenverbrauch, ungelöste Fragen des Lärmschutzes an der Bestandsstrecke halten wir für sachgerecht. Auch diese Gesichtspunkte müssen ernstgenommen werden.

Wir werden als CSU-Fraktion der Beschlussvorlage mehrheitlich zustimmen.
Wir haben Verständnis dafür, wenn Befürchtungen mit Blick auf die besonderen Betroffenheiten in Burlafingen dazu führen, dass die vorliegende Beschlussvorlage nicht von allen als Schritt in die richtige Richtung angesehen wird.“

Johannes Stingl

(Symbolbild)